Was meine Feinde singen
Marcel Beyer

Ich bin das Lied, das meine Feinde
singen, besser also, man hält
sich fern, von ihm, von mir, von ihnen,
sie werden nichts als lauter

Unannehmlichkeiten bringen. Ich
bin das Lied, ich bin der Laut,
der Halt, kann sein, ich bin sogar die
Unannehmlichkeit, die meine

Feinde zischen, und ja, ich zappele,
zu ihrer Überraschung immer
lächelnd, irgendwo dazwischen und
weiß zugleich, wer Fliegen fangen

will, darf keine Eile zeigen. Wenn ich
aber die Eile bin, von der mir
meine Feinde singen, dann hänge ich
auch unsichtbar in einer Ablautreihe

fest. Anscheinend führe ich quer
durch die Zeit gespannt ein
angeleintes, ein geheim verleimtes
Leben. Dann wäre ich soweit,

dann wäre ich das ferne Lied, das
meine Feinde fressen, ein
auberginefarbenes Knäuel Wolle
aus dem kleinen Handarbeitsgeschäft

in deiner Stadt, ein loser Faden, den
sie nach und nach herunterwürgen,
bis noch der letzte rauhe Rest
in ihrem Schlund verschwunden ist.

Ich habe meine Feinde satt. Schau
her, was ich mit ihnen mache.
Schau, was sie mit mir machen. Ich
bin die Wolle, mit der meine

Feinde stricken, klebrig und fein, ich
bin verwirrt, verwirrt, verwirrt
die ganze Zeit. Wenn ich nur wüßte,
wie lange meine Feinde strahlen

werden. Sie sind das Lied, das zwischen
meinen Zähnen klemmt.
Laß los, laß sein, kau auf der Wolle
hier, du Ablautwesen.