Solange die Stare wiederkommen
Franz Hodjak

Das erste am Morgen ist, sich
den Nebel aus den Augen zu wischen. Ich
öffne das Fenster, der Wind riecht, als würde er
von Diesel angetrieben. Ich lasse das Telefon
läuten und Kaffee durchlaufen. Wie immer
am Morgen frage ich mich, ob der Nussbaum,
wenn er seine Äste bewegt, in einer
Zeichensprache spricht. Ob es ein Tag wird
wie jeder, entscheidet der Zufall. Ich wäre schon
zufrieden mit kleinen Freuden, es muss ja nicht immer
das große Glück sein. Die Neugier
treibt mich um. Im Bahnhof ist die Hoffnung
eine andere als auf dem Wochenmarkt, wieder anders
blickt sie mir aus Fotos entgegen. Weltumseglungen
sind wieder in, Stummfilme, Giftanschläge. Ich
würde gern ein paar Tage im Altertum
Urlaub machen. Ich würde mich auch gern
mit den Augen der anderen betrachten, wenn ich
wüsste, mit welchen Augen mich die anderen
betrachten. Gern besuche ich alte Friedhöfe, auf denen
die Welt stillsteht, während die Zeit
weiterläuft. Ich habe keinen Führerschein,
keine Lust auf Kreuzfahrten, ich möchte keinen
Kampf gewinnen, ich repräsentiere auch niemanden
und nichts. Die Winter sind milder, die Zeiten
härter, doch solange die Stare wiederkommen,
ist nicht alles verloren. Was existiert, klammert sich
verzweifelt an alles, was existiert. Und wer
zwischen Recht und Unrecht
zu wählen hat, entscheidet sich fast immer
fürs Wegschauen.