OSTRAGEHEGE gratuliert María Cecilia Barbetta herzlich zum Chamisso-Preis/Hellerau 2018. Der mit 15.000 Euro dotierte neue Chamisso-Preis wird von Wirtschaft und Zivilgesellschaft in Dresden gestiftet und künftig jährlich vergeben. Der Preis soll herausragende Beiträge von Autoren zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur würdigen, die aus einem Sprach- oder Kulturwechsel heraus mit ihrem doppelten Blick eine bereichernde Sicht in die deutsche Literatur und Sprache einbringen. Die Jury lobte Barbettas Roman »Nachtleuchten«, der, »verwoben mit der argentinischen Romantradition, […] ein außergewöhnlich anschaulicher und einfallsreicher Roman über etwas Einschneidendes ist : das Umschlagen gesellschaftlicher Stimmungen.«
Die literarische Form der öffentlichen Rede, sei es als Lobrede oder Dankrede, hat ohne Frage eine bedeutende Tradition. Allerdings läuft sie im heutigen literarischen Bewusstsein weit unterhalb der Aufmerksamkeitsschwelle, selbst wenn Dichter und Kritiker die Gelegenheit nutzen, in dieser Form etwas Wichtiges zu sagen, etwa bei der Verleihung von Literaturpreisen. Dem möchte das neue OSTRAGEHEGE mit ihrer umfangreichen dem Heft beigefügten Dokumentation entgegenwirken und würdigt weitere Preisvergaben des Jahres 2019 : Marcel Beyer hat den Lessing-Preis des Freistaates Sachsen sowie den Kunstpreis der Landeshauptstadt Dresden erhalten, und Zsuzsanna Gahse ist die diesjährige Preisträgerin des Schweizer Grand Prix Literatur. OSTRAGEHEGE gratuliert beiden zu diesen Ehrungen ganz herzlich.
Eine andere Form der öffentlichen Rede nimmt Bertram Reinecke in seinem Text »Anklage des Daidalos« auf. Anknüpfend an das Modell der antiken Gerichtsrede, entfaltet er darin eine suggestive Argumentation, die den Bruchkanten der Überlieferung nachspürt und die scheinbare Selbstverständlichkeit des Erzählten hinterfragt: Die bekannte Geschichte vom Flug des Ikaros weitet sich so zu einem Generationenkonflikt. Sie hätte auch ganz anders erzählt werden können, ja müssen.
In der »Lagebesprechung« stellt Beat Mazenauer die in der Schweiz lebende Dichterin Vera Schindler-Wunderlich vor, und bescheinigt ihr in ihrer Lyrik ebenfalls ein »Abstandsauge«, das sich mit den »rhetorischen Verrenkungen des politischen Betriebs, dem sie genau auf die Sprache schaut«, auseinandersetzt. »Mit dem Abstandsauge beobachtet sie, macht das Beobachtete sichtbar und hält es zugleich bedeckt. ‚So wird’s erzählt (wir hoffen, / dass es stimmt)’ heißt es mehrfach, oder so ähnlich.«
Dass Überlieferung alles andere als selbstverständlich ist, und dem Erzählen, Erinnern und Sammeln komplexe Prozeduren des Auswählens, Interpretierens und Präsentierens vorausgehen, bespricht Christine Gruler in ihrem Interview mit dem Museologen Alexander Klein. Im Gespräch mit Uwe Hübner gibt der Komponist und Dirigent Christian Münch einen aufschlussreichen Einblick in seine Arbeit.
In den Tierzeichnungen und Graphiken des Dresdner Künstlers Andreas Garn, der in diesem Heft vorgestellt wird, entdeckt Teresa Ende eine Maskerade, einen Maskenumzug. »Wie in einer ad absurdum geführten Aesopschen Fabel oder einem aus den Fugen geratenen Paradies hocken die Tiere beieinander.« Die Bilder bewirken, dass sich beim Betrachter das »Kippbild eines […] Karnevals der Tiere einstellt, das dem Menschen mit seinen Ängsten, Launen und Trieben einen Spiegel vorhält«.