»Der MEISTER hat, mit tiefem Blick, auf seinen Schritten
Das ruhelose Wunder des Gartens Eden besänftigt,
Dessen letzter Schauer, in seiner Stimme allein,
Für ROSE und LILIE eines Namens Geheimnis erweckt.
Ist denn von diesem Schicksal nichts das bliebe? Nein.
O ihr alle! vergesst einen finsteren Glauben.
Der strahlende Genius, der unsterbliche, hat keinen Schatten.«
Trinkspruch auf einen Verstorbenen
Stéphane Mallarmé
(Übertragen von Hans Staub und Anne Roehling)
1
Hinter den Säulen des Herakles geht die sichtbare Welt nicht unter
»Obwohl sie vielleicht untergeht!« sagen unsere Propheten
Und manchmal Fußballstadien voller blinder Brüder
Die einen Schrei in politische Fetzen reißen können
Denn es wird immer irgendein tausendjähriges Reich geben
Welches mit »reinem« Blut bewässert werden muss
Wirklich?
Wundere Dich also nicht über irgendjemanden oder irgendetwas
Du Einfallsreicher, Vollkommener, Unbegreiflicher
Und allzu oft Kleiner, Gemeiner, Degenerierter
Der Du zum Beispiel jetzt oder gestern gestorben bist
Denn dort – hinter den Säulen des Herakles – steckt keine Neugeburt
Und niemand erteilt dort jemandem die Vergebung
Atlantis taucht dort nicht auf – aus den kosmischen Ozeanen –
Und wird nicht wiedergeboren
Und der Gesang der Erde hat andere Quellen
Ingenieure und Scharlatane spielen einfach zusammen Karten
Obwohl sie denken, dass sie stets ein makelloses Wissen verwaltet haben
Und hinter ihren Rücken fahren die Fischer aufs Meer hinaus
Die Sklaven der Angst und Verschwörungstheorien schreiben in ihren Blogs
Über eine neue Apokalypse – so geschieht von Ewigkeit her nur eines –
Die Suche nach der Zukunft – und das ist eine ziemlich mühselige Arbeit
Verängstigter Bienen und ihrer Swastiken, Kreuze, Halbmonde – aber auch
Eine mühselige Arbeit der Eigenbrötler, der Arianer und anderer Brüder
Aus der verbrannten Schule des Origenes und Giordano Brunos –
Und wer und was und warum das so ist
Der – der an nichts mehr glaubt – der sollte es wenigstens in Wikipedia nachlesen
Und so wird Brutus immer irren:
Für Dante ein miserabler Barbar, für Shakespeare ein Erlöser
Denn in Wahrheit ist niemand dazu imstande, den Dictator in perpetuum zu töten
Seine grüne Marmorbüste zu zerschmettern
Das Böse ist nämlich unsterblich
2
Hinter den Säulen des Herakles endet das blödsinnige Geschwätz
(Wie man im Polnischen sagt: über Marynias Arsch)
Christus nimmt kein Blatt vor den Mund – kein einziger Christus
Er legt Dir keine wundertätigen Hände mehr aufs Gesicht
Allerdings kann jeder von uns wieder gesund werden
Söhne kommen zurück, Töchter kommen zurück aus dem Krieg
Und manchmal werden sie nie wieder zurückkommen
Konzentrationslager schließt man in Museen ein, auf alle Ewigkeit
Und baut neu auf – wenn man es wieder darf
Und diese Diktatoren-Kommandanten-Mörder sind zugegebenermaßen wenige
Aber sie ändern nie ihre Taten und Neigungen
Weil ihr Böses vollkommen ist
Und dann müht sich das heilige Feuer alptraumhafter Teilchen
Der kritischen Masse weiter ab
Da so auch der Tod ganzer Völker sein kann und die Vernichtung
Obwohl sie Heilige Bücher und Heldensagen geschrieben haben
Mein lieber Krishna, Adam Kadmon und Heiliger Paulus, John Lennon
[…]