Die Spezies dieses Gedichts steht am
Rande der Ausrottung und nur du
kannst sie retten. Es wurde aus einem
brennenden Wald geborgen und wäre
gestorben, wenn eine Fuchsmutter es
nicht in ihre Höhle gebracht und ihm
Milch von ihren eigenen Brüsten
gegeben hätte. Wir wissen nicht, wohin
die Fuchsmutter verschwunden ist und
ob sie überhaupt noch lebt.
Dieses Gedicht muss alle vier Stunden
mit einer Pipette gefüttert werden.
Wenn es hungrig ist, fängt es an, in den
Sprachen der gefallenen Imperien zu
wehklagen. Man wacht mitten in der
Nacht zum Weinen mesopotamischer
Frauen auf, die um einen fischköpfigen
Gott trauern, geht zum Kühlschrank
und holt die Milch heraus. Die Milch
muss auf Körpertemperatur erwärmt
werden.
Du nimmst das Gedicht in den Arm,
wie ein Kind. Seine Schnauze ist nass
von Träumen von Abenteuern, die nur
in Hexametern erzählt werden können,
sonst wäre es offensichtlich, dass ihr
Protagonist kein Held, sondern ein
Lügner ist, nur ein weiterer
heterosexueller weißer Mann,
der tut, was er tut, indem er seine
Kriegsführung gegen die Biodiversität
als Monsterjagd und Erkundung
darstellt. Dieses Gedicht saugt an der
Pipette wie ein Wolfsjunges, aber sein
Maul ist weich und ohne Zähne.
Du weißt es noch nicht, aber dieses
Gedicht wird nicht wieder in die
Wildnis entlassen. Es wird für den Rest
deines Lebens bei dir bleiben, auch
wenn es sich als echter Koloss seiner
Art erweist, deine Türen blockiert und
das Sofa zum Einsturz bringt, wenn es
wieder auf deinen Schoß klettert.
Wieder, wieder und wieder. Wenn du
stirbst, wird es dich aber in den Garten
tragen und dich begraben, zum ersten
Mal in deiner Muttersprache
singend für dich, denn bis dahin wird
auch dein Imperium gefallen sein.